Unter den MINT [1] – Fachrichtungen unterliegt das Ingenieurwesen einer klaren männlichen Vorherrschaft: Mit einem Frauenanteil von nur 13% sind die Ingenieurberufe in den USA das Berufsfeld, das am meisten von Männern besetzt ist [2] . Auch im Field Service sind weibliche Techniker dünn gesät: Julia Kim ist eine der wenigen Frauen, die diese 13% ausmachen. Sie ist gerne für Syntegon unterwegs.
Schon zu Unizeiten, als sie ihren Abschluss in Elektrotechnik an der Florida State University machte, war Julia von wenigen Kommilitoninnen umgeben. Kaum überraschend war es für sie daher, die einzige Frau unter den Servicetechnikern zu sein, als sie 2016 Teil von Syntegon‘s nordamerikanischem Serviceteam mit Hauptsitz in Raleigh, North Carolina, wird.
Die männliche Dominanz im Field Service sieht Julia allerdings nicht im Berufsfeld an sich begründet: „Ich glaube, im Allgemeinen ist es für viele Menschen schwer, sich vorzustellen, beruflich so viel zu reisen – und immer „auf dem Sprung“ zu sein.“
Für Julia war das nie ein Problem. Da sie meistens Teil größerer Projekte ist, arbeiten für gewöhnlich mehrere Techniker gleichzeitig vor Ort: „Von Anfang an hatte ich wirklich hilfsbereite Kollegen bei Syntegon, die sich Zeit genommen haben, mir die Maschinen und Prozesse zu erklären, das war wirklich toll.“ Auch mit dem Reisen hat Julia keine Probleme: „Ich mag das gar nicht, so lange an ein und demselben Ort zu sein. Ich genieße es, verschiedene Länder zu sehen – so begegne ich verschiedenen Menschen und erlebe neue Situationen sowie Herausforderungen. Ich mag einfach die Vielfalt, die mir mein Job bietet.“
Kein geradliniger Weg
Julia wählte sicherlich keinen ganz klassischen Karriereweg, der ihr jedoch sowohl berufliche als auch private Erfüllung bringt: Geboren in Panama als Kind koreanischer Eltern spricht Julia heute fließend Englisch, Spanisch und Koreanisch. Sie hat auch versucht, Deutsch zu lernen, fand das jedoch „ziemlich schwierig“, was man ihr sicherlich nicht verübeln kann. Im Rahmen eines größeren Kundenprojekts in Kanada ging sie mit ihren deutschsprachigen Kollegen aus Beringen abends jedoch gern auf ein „Feierabendbier“ aus. – Die wichtigsten deutschen Begriffe blieben also hängen.
2018 zog die heute 29-jährige für ein Jahr nach Europa, um sich in dieser Zeit für ein anderes US-Visum zu qualifizieren. Sie arbeitete weiterhin als Servicetechnikerin für Syntegon, war nun aber Teil des UK Teams in England. Als waschechte Weltenbummlerin war für Julia das Fahren auf der „falschen Seite der Straße“ aber auch schon das Schwierigste an ihrem Aufenthalt jenseits des großen Teichs.
Zurzeit lebt Julia mit ihrem Verlobten Matias in Tampa, Florida. Das Paar lernte sich bei einem gemeinsamen Serviceeinsatz in Mexiko kennen. Obwohl der Großteil ihrer Familie noch in Panama lebt, plant Julia nicht, in naher Zukunft dorthin zurückzuziehen: „Ich möchte diesen Job wirklich noch einige Jahre machen. Ich mag das Reisen und die vielen Herausforderungen, die mein Beruf mit sich bringt. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu machen.“
Was sich im Herzen richtig anfühlt
Auch nach fast vier Jahren ist es für Julia nichts Ungewöhnliches, in erstaunte Gesichter zu blicken, wenn sie bei einem Kunden vor Ort ankommt. Zwar hatte sie nie Probleme mit Kunden aufgrund ihres Geschlechts, dennoch hatte sie immer das Gefühl, ein ganz kleines bisschen härter arbeiten zu müssen, um sich zu beweisen. Ihr Rat an junge Frauen, die eine Karriere in einem vergleichbaren „männer-lastigen“ Berufsfeld anstreben: „Du musst dich daran gewöhnen, deine Komfortzone zu verlassen. Am Anfang ist einem vielleicht etwas unwohl, aber es gibt keinen Grund, Angst zu haben. Du gibst dir Mühe und dann schaffst du es auch.“
Auf ihrem eigenen Karriereweg lässt sich Julia von folgendem Zitat von Eleanor Roosevelt, ehemalige First Lady der Vereinigten Staaten, leiten:
„Mach das, was sich in deinem Herzen richtig anfühlt – denn kritisiert wirst du sowieso.
Du wirst verurteilt, wenn du es tust und verurteilt, wenn du es lässt.“
Julia und ihre Karriere sind ein Beispiel dafür, dass es womöglich sogar von Vorteil sein kann, nicht ins gängige Bild zu passen: Wenn man hart arbeitet, seine Ziele nicht aus den Augen verliert und sich nicht mit weniger zufrieden gibt, werden einen die Leute genau dafür in Erinnerung behalten.
Zudem heisst es, Frauen seien detailorientierter, feinfühliger und geduldiger – wichtige Eigenschaften, mit denen sie für die Arbeit mit diesen hochtechnischen Verpackungsmaschinen geradezu vorbestimmt sind.
Was James Brown in den 60ern schon wusste, ist auch heute noch wahr:
It’s a man’s world –
But it would be nothing, nothing without a woman or a girl. [3]
___________________________________________________________________________
[1] MINT-Fächer ist eine zusammenfassende Bezeichnung von Unterrichts- und Studienfächern beziehungsweise Berufen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.
[2] Vlg: Silbey, Susan: Why Do So Many Women Who Study Engineering Leave the Field? Harvard Business Review. 2016.
[3] Dt.: Es ist eine Männerwelt, aber sie wäre nichts ohne eine Frau oder ein Mädchen.